Internationales Familienrecht

Die Bedeutung des internationalen Familienrechts wächst, da Familien und Partnerschaften immer häufiger grenzüberschreitend gelebt werden. Ehepartner und Lebensgefährten können unterschiedliche, möglicherweise sogar mehrere Staatsbürgerschaften besitzen. Kinder erwerben durch Geburt in einem bestimmten Land neben den Staatsbürgerschaften ihrer Eltern oft eine weitere Staatsangehörigkeit. Familien ziehen häufig mehrmals in andere Länder um oder leben getrennt voneinander in verschiedenen Staaten.

Erfahren sie mehr über die internationale Zuständigkeit von deutschen Gerichten für Familiensachen von der Brüssel-IIb-VO über die EuUntVO bis zur EuGüVO und das anzuwendende Recht von der Rom-III-VO bis zum Haager Unterhaltsprotokoll (HUP).

I. Internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte

In familienrechtlichen Angelegenheiten ist es stets erforderlich, zunächst festzustellen, ob deutsche Gerichte für das konkrete Verfahren international zuständig sind. Die Frage nach der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte muss für jede familienrechtliche Angelegenheit einzeln geprüft werden.

1. Internationale Zuständigkeit für Scheidungsverfahren

Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte ergibt sich für Scheidungsverfahren vorrangig aus der Brüssel-IIb-VO (VERORDNUNG (EU) 2019/1111 DES RATES vom 25. Juni 2019 über die Zuständigkeit, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und über internationale Kindesentführungen).

2. Internationale Zuständigkeit für Unterhaltsverfahren

In Unterhaltsverfahren richtet sich die Frage der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte in erster Linie nach der EuUntVO (Verordnung (EG) Nr. 4/2009 des Rates vom 18. Dezember 2008 über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen.

3. Internationale Zuständigkeit für Güterrechtsverfahren

Ob deutsche Gericht in güterrechtlichen Angelegenheiten, z.B. Fragen des Zugewinnausgleichs, international zuständig sind, richtet sich in Verfahren, die am 29. Januar 2019 oder danach eingeleitet worden sind nach Kapitel II der EuGüVO (VERORDNUNG (EU) 2016/1103 DES RATES vom 24. Juni 2016 zur Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Zuständigkeit, des anzuwendenden Rechts und der Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Fragen des ehelichen Güterstands).

II. Anwendbares Recht

Nachdem die internationale Zuständigkeit eines Staates für die jeweilige familienrechtliche Angelegenheit feststeht, ist als nächstes zu bestimmen, welches nationale Recht das zuständige Gericht im konkreten Verfahren anzuwenden hat.

1. Scheidungsstatut

Die Bestimmung des anwendbaren Rechts für eine Scheidung erfolgt gemäß der Rom III-Verordnung (Verordnung (EU) Nr. 1259/2010 des Rates vom 20. Dezember 2010 zur Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich des auf die Ehescheidung und Trennung ohne Auflösung des Ehebandes anzuwendenden Rechts).

Diese Verordnung regelt, welches Scheidungsstatut, also welches nationale Recht, das zuständige Gericht im Scheidungsverfahren anwenden muss. Diese Regelung ist zum Beispiel wichtig für die Frage, ob die Ehepartner ein Trennungsjahr einhalten müssen, um geschieden zu werden. Während dies nach deutschem Recht erforderlich ist, kennen einige andere Rechtsordnungen kein Trennungsjahr oder sehen sogar eine längere Trennungszeit vor.

2. Unterhaltsstatut

In den meisten Fällen wird das anwendbare Recht in Unterhaltsangelegenheiten durch das Haager Unterhaltsprotokoll (HUP) (2009/941/EG: Beschluss des Rates vom 30. November 2009 über den Abschluss des Haager Protokolls vom 23. November 2007 über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht durch die Europäische Gemeinschaft) bestimmt.

Das sogenannte Unterhaltsstatut legt fest, nach welchem nationalen Recht das zuständige Gericht die Unterhaltsansprüche zu beurteilen hat. Die Frage nach dem anwendbaren nationalen Recht kann im Einzelfall darüber entscheiden, ob bestimmte Unterhaltsansprüche, wie zum Beispiel Ehegattenunterhaltsansprüche wegen Getrenntlebens, überhaupt durchgesetzt werden können, da solche Ansprüche in manchen Rechtsordnungen nicht vorgesehen sind.

3. Güterrechtsstatut

Welches Recht auf den ehelichen Güterstand anzuwenden ist, richtet sich für Ehen, die nach dem 29. Januar 2019 geschlossen wurden oder wenn Ehegatten nach diesem Zeitpunkt eine Rechtswahl getroffen haben, nach Kapitel III der EuGüVO (VERORDNUNG (EU) 2016/1103 DES RATES vom 24. Juni 2016 zur Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Zuständigkeit, des anzuwendenden Rechts und der Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Fragen des ehelichen Güterstands).

Für vor diesem Zeitpunkt geschlossene Ehen und wenn nicht nachträglich eine entsprechende Rechtswahl getroffen wurde, ergibt sich das Güterrechtsstatut weiterhin aus Art. 14, 15 EGBGB in der bis zum 29.01.2019 geltenden Fassung.

Die Frage, in welchem Güterstand die Ehegatten leben, ist bedeutsam für die Frage, ob z.B. Zugewinnausgleichsansprüche nach deutschem Recht bestehen, ob die Ehepartner im Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft oder der Gütertrennung leben